Naturschutzstation Schloss PrießnitzAktuelles

Beweidungskoryphäe Edgar Reisinger zu Gast beim NABU Sachsen

Exkursion in die Kulkwitzer Lachen – eine extensive Beweidungsfläche des NABU Sachsen – Foto: Esther Sossai
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Exkursion in die Kulkwitzer Lachen – eine extensive Beweidungsfläche des NABU Sachsen – Foto: Esther Sossai

Im Rahmen des Projektes „Wer lebt im Dung? Insektengemeinschaften in Kuhfladen“ war am 11. April 2023 der Beweidungsexperte und Pionier der Wilden Weiden, Edgar Reisinger, zu Gast in der NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld. Reisinger setzt sich für die extensive Beweidung von Wald- und Offenlandstandorten durch Großherbivoren ein, ein Konzept, das sich vor allem in Feuchtgebieten bewährt hat. Für seinen Einsatz im Sinne einer nachhaltigen, naturschutzgerechten Landnutzung wurde er 2023 mit dem Thüringer Verdienstorden ausgezeichnet. An diesem Abend begeisterte er in einem enthusiastischen Vortrag die Zuhörer von seinem Konzept als ein Erfolgsmodell für den Erhalt der Artenvielfalt. Wilde Weiden sind Standweiden mit geringem Viehbesatz, die ganzjährig von meist großen Tieren beweidet werden. Dadurch entsteht eine halboffene, heterogene Landschaft mit lückiger Vegetation, Hochstaudenfluren und Gebüschen – eine abwechslungs- und artenreiche Kulturlandschaft. Reisinger erklärte, wie der europäische Kontinent nach der letzten Eiszeit von großen Pflanzenfressern besiedelt wurde und wie dadurch die Landschaft geprägt wurde: Es entstand ein komplexes, aufeinander abgestimmtes Ökosystem mit einer besonders hohen Artenvielfalt. Die Industrialisierung der Landwirtschaft verbannte Nutztiere in Megaställe und verwandelte Naturräume in Agrarwüsten. Dadurch verschwanden viele natürliche Lebensräume und die Artenvielfalt ging dramatisch zurück. Reisinger betonte den dramatischen Rückgang der Dungfauna und die toxischen Auswirkungen von Tierarzneimitteln wie Antiparasitika auf Dungkäfer und andere dungabhängige und -besuchende Arten. Dungkäfer sind eine wichtige Nahrungsquelle für Brutvögel und tragen erheblich zur Zersetzung von Dung bei, einer der wichtigsten Ökosystemdienstleistungen. In Sachsen sieht Edgar Reisinger vor allem Herausforderungen, aber auch Chancen für die Umsetzung dieses Naturschutzmodells, etwa in den Braunkohlefolgelandschaften im Leipziger Südraum. Er betonte (auch mit Blick auf die anwesenden Behördenvertreter), dass mehr finanzielle Mittel in den Naturschutz fließen müssten, da dieser mit der konventionellen Landwirtschaft nicht konkurrieren könne. Besonders wichtig sei jedoch, dass Naturschutz nicht verordnet werden kann – er muss aus Überzeugung geschehen. Wenn der Mensch eine innere Sehnsucht empfindet, entwickelt sich das Engagement von selbst. Dies bestätigt die Arbeit der Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld (jetzt NABU Naturschutzstation Schloss Prießnitz), die das Thema Dung in ihre Umweltbildung integriert und damit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen neue, tiefere Einblicke bietet.


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